U18 – Mission Impossible in der Innerschweiz

Die U18 reiste mit einem Minimalkader in den Kanton Zug. Und als ob das nicht schon herausfordernd genug gewesen wäre, schlug Murphys Law mehrfach unbarmherzig zu.

In den letzten beiden Spielen der Qualifikation hatte es den Skorpionen trotz ansprechender Leistung weder gegen Bettlach noch gegen Kernenried zu Punkten gereicht. Und selbst wenn, an der Ausgangslage für die Playoffs hätte dies, im Nachhinein betrachtet, nichts geändert. Trotzdem, die Grübetaler blickten mit Zuversicht auf die schönste Zeit des Jahres. Etwas nachdenklich wurden die Berner, als der Gegner für die Viertelfinals feststand. Die Oberwil Rebells. Ausgerechnet die Zuger. Deren Auftritte in der Qualifikation waren zwar nicht immer souverän, aber die Innerschweizer verfügen mit Abstand über das breiteste Kader und sind, im Gegensatz zu den anderen Teams, nicht von einigen wenigen Schlüsselspielern abhängig. Kurzum die Zuger sind der heisseste Titelaspirant im Frühjahr 2024. Oder anders rum gesagt, nicht gerade der Auftaktgegner, den man sich wünscht. Da die Playoffs nun mal kein Wunschkonzert sind, muss man die Brocken bewältigen, die einem vorgesetzt werden. 
Soweit die nicht ganz einfache, aber vielleicht doch noch irgendwie bewältigbare Ausgangslage. Doch dann schlug Murphy unbarmherzig zu. Für diejenigen, die nicht wissen, wer Murphy ist. Es handelt sich dabei nicht um den Goon der Innerschweizer, sondern um Murphys Law. Dieses besagt, dass alles, was schief gehen kann, auch schief gehen wir und zwar im dümmsten Moment. Konkret sieht das dann so aus: 
Die U15 hatte gleichentags Spiel wie die U18. Also standen Micha Steck, Ben Feller und Ruben Rüegsegger nicht zur Verfügung. Mehrere Stammspieler der U18 waren aus verschiedenen, absolut nachvollziehbaren Gründen abwesend. Dies betraf Jon Bucher, Tobias Zoss und Nico Carfora. Also standen für die schwierige Aufgabe in Zug noch zehn Feldspieler zur Verfügung. Davon waren allerdings drei, Thimo Hodel, Ryan Balmer und Leonard Fetz während der Woche krank. Ob Hodel überhaupt spielen konnte, war bis zum Samstagmorgen unklar. 
 
Immerhin, das Wetter in Zug war gut, trocken und nicht zu warm, optimal für ein Streethockeyspiel. Entsprechend viel Zuschauer fanden sich in der Sika Rebells Arena und verfolgten das Aufwärmen der 20 Innerschweizer Feldspieler und der beiden Torhüter. In der Zwischenzeit versuchte der Coach der Berner die Hustenkakophonie in der Garderobe irgendwie unter Kontrolle zu bringen. Nebst Balmer, Fetz und Hodel hatte es über Nacht auch noch Levy Greven erwischt, liebe Grüsse von Murphy. Und die vier husteten nun um die Wette. Unter dem Covid-Regime wären spätestens in diesem Moment die Gürbetaler in corpore in Quarantäne geschickt worden. Wie auch immer, pünktlich um 14:00 Uhr standen die Belper auf dem Feld und die Partie konnte beginnen. 
Ziel der Gäste war es, mit den Platzherren so lange wie möglich mitzuhalten. Die Partie war kaum mehr als eine Minute alt, da knallte der Ball hinter Luca Schmid an die Latte. Mal abgesehen von der Frage, wieso Lyonel Lüscher so ohne weiteres Schiessen konnte, eigentlich nichts, was in diesen Bericht gehören würde. Nun, Murphy war anderer Meinung. Die Schiedsrichter entschieden auf Treffer für die Innerschweizer. Nicht, dass dieses Nicht-Tor am Ende irgendetwas am klaren Verdikt geändert hätte. Aber trotzdem, symptomatisch für diesen Tag war es. In der vierten Spielminute konnte Cyrill Andermatt von einem Stellungsfehler in der Belper Hintermannschaft profitieren und das 2:0 erzielen. Stellungsfehler, Abstimmungsschwierigkeiten, diese begleiteten die Gäste aus dem Gürbetal während der ganzen Partie. Dass die angeschlagenen Spieler nicht immer mit den schnellen Zugern mithalten konnten, das leuchtet noch irgendwie ein. Die über weite Strecken ungenügende verbale Kommunikation indes kann nicht mit Krankheit entschuldigt werden. Immerhin, der nächste Treffer fiel zu Gunsten der Berner. Leon Diener überraschte auf Zuspiel von Greven Sven Juch im Tor der Platzherren und verkürzte auf 1:2. Die Berner kamen jetzt etwas besser ins Spiel hatten aber weiterhin ihre Mühe mit den schnell und intelligent spielenden Rebells. In der 9. Spielminute erhöhte Henry Kühn deshalb verdient auf 1:3. Kurz darauf konnten die Berner in Überzahl agieren. Das Powerplay, gegen Bettlach und die Bulldozers eine schnittige zuverlässige Waffe, wirkte zerfahren. Anstatt es sauber aufzuziehen, spielten die Skorpione überhastet und suchten zu oft in denkbar ungeeigneten Situationen den Abschluss. So hatten die Oberwiler wenig Mühe damit, den 2-Tore-Vorsprung zu verteidigen. Die Belper wirkten auch in der Folge immer wieder überfordert, wenn die Zuger zu einem ihrer fulminanten Angriffe ansetzten. Trotz erbitterter Gegenwehr, angeführt vom während des ganzen Spiels aufopfernd kämpfenden Tim Kasier, mussten die Skorpione den Platzherren Tor um Tor zugestehen. Bis zum Ende des Startdrittels hatten Kühn, Andermatt und Innocente Vanoli auf 6:1 erhöht. 
 
War die Ausgangslage vor dem Spiel wenig hoffnungsvoll, so war sie nach den ersten 20 Minuten so ziemlich aussichtslos geworden. Mit zwei Linien und nicht weniger als vier gesundheitlich angeschlagenen Spielern war diese Begegnung realistisch betrachtet nicht mehr zu gewinnen. Trotzdem, mit etwas Glück, etwas viel Glück, etwas sehr viel Glück, war die Partie vielleicht doch noch irgendwie zu wenden. Es spielen ja bei einem grossen Jackpot schliesslich auch Hunderttausende Zahlenlotto, auch wenn die Gewinnchance quasi inexistent sind.
Nun gut, die Gürbetaler räumten den Jackpot nicht ab. In der 23. Spielminute erhöhte Noah Walther auf 7:1. Immerhin, noch in derselben Spielminute konnte Greven auf Zuspiel von Bänz Zwahlen den zweiten Belper Treffer erzielen. Bis zur 32. Spielminute, inzwischen hatte Schmid, der an den Gegentreffern absolut schuldlos war, Matthias Hulliger Platz gemacht, erhöhten die Zuger bis auf 10:2. Dabei blieb es bis zum Drittelsende. Nun, an einen Sieg war natürlich nicht mehr zu denken, aber immerhin, über die 60 Minuten sollte sich das Spiel problemlos bringen lassen. Um präzise zu sein, hätte es gebracht werden können, wenn da nicht Murphy wieder zugeschlagen hätte. Da war mal die 31. Spielminute. Eine Strafe gegen Niklas Bosshard war angezeigt. Der Ball kam zwischen Diener und die Bande zu liegen. Diener muss ihn nur noch berühren und das Spiel wird unterbrochen. In dem Moment stösst ein wohl etwas über motivierter Zuger Diener in den Rücken. Diener fällt, verletzt sich am Handgelenk und kann nicht mehr weiterspielen. Sicher keine böse Absicht und normalerweise würde Diener auch nie so ohne Körperspannung zur Bande stehen, aber die Spielphase war bereits beendet. Wie auch immer, für Diener war das Spiel fertig. Damit nicht genug, Murphy hatte seinen Spass damit, den Skorpionen das Leben schwer zu machen. Ein paar Minuten später kontrolliert Leon Schweingruber den Ball an der Band. Ein Innerschweizer geht ihn hart an. Dabei erhält Schweingruber, wohl versehentlich, das Stockende des Oberwilers in den Rücken. Er konnte den Rest des Drittels nicht mehr spielen. Im Schlussabschnitt stand er unter Schmerzen wieder auf dem Spielfeld, war aber nicht mehr in der Lage voll zu gehen.
 
Also fassen wir die Situation nach zwei Dritteln zusammen: Belp noch mit neun Feldspielern, davon vier halb krank und einer mit ziemlichen Schmerzen im Rücken. Das wars dann, da war definitiv nichts mehr zu holen. Dem Trainer gingen irgendwelche – nicht wirklich hilfreiche – Churchill-Reden aus dem Sommer 1940 durch den Kopf. Es bleiben zwei Ziele für die letzten 20 Minuten, keine weiteren Verletzten und über die Zeit kommen. Wobei das erste Ziel mit Abstand das wichtigere ist.
 
Im Schlussabschnitt scorten die Platzherren in schöner Regelmässigkeit. Der Widerstand der Belper hielt sich in doch eher überschaubarem Rahmen. Und so fand dann die orange Kugel Mal für Mal den Weg hinter Hulliger, wobei er in einem Fall anstatt den Ball wegzuschlagen, sich diesen gleich selbst durch die Beine hindurch ins Netz spielte. Was in jedem anderen Spiel für mächtig Ärger gesorgt hätte, wurde von den Belpern eher belustigt zur Kenntnis genommen. Irgendeinmal im Schlussabschnitt konnte Greven noch den dritten Treffer für die Gürbetaler erzielen. Aber auch das konnte nicht verhindern, was nach 54:22 geschah, Vanoli erzielte des 18:3 für seine Farben. Damit war das Spiel beendet. Oder doch nicht? Murphy meldete sich noch einmal in Gestalt des Schiedsrichters, der verkündete, in den Playoffs würde ein Spiel mit 15 Toren Unterschied nicht mehr abgebrochen. Ein Blick in die entsprechenden Weisungen des Verbandes erwies sich als hilfreich. So konnten die Gürbetaler nicht wirklich erfreut über das Geschehene aber auch nicht gänzlich unglücklich über das vorzeitige Spielende in Richtung Garderobe abzotteln.
 
Naja, was soll man zu solch einem Spiel sagen? Schwamm drüber und vergessen, wäre ein verlockender Ansatz. Aber ein falscher. Trotz aller Widrigkeiten darf nicht alles auf Murphy abgeschoben werden. Kommunizieren hätte man durchaus können. Sich auf den Gegenspieler konzentrieren statt auf den Ball, auch das wäre möglich gewesen. Sich am kämpferischen Einsatz von Kaiser orientieren, wäre auch eine Option gewesen. Trotzdem, zu einem Sieg hätte es an diesem Samstag wohl nie gereicht. Die Skorpione werden die Erkenntnisse aus dieser Partie mitnehmen und analysieren. Und sie werden die Erkenntnisse daraus im zweiten Spiel in dieser Serie, am Sonntag, dem 24. März um 14:00 Uhr in Belp umsetzen. Ansonsten gilt: In den Playoffs ist ein Sieg ein Sieg und eine Niederlage ist eine Niederlage. Wie hoch diese ausfällt, interessiert niemanden. Jedes Spiel beginnt wieder bei Null. Die Gürbetaler brauchen zwei Siege für eine Qualifikation für den Halbfinal gegen die Bulldozers. Schwierig? Ja! Unmöglich, sicher nicht. Für den Schlusssatz muss jetzt doch noch good old Winston herhalten: «We will never surrender!»
Christoph Curchod, 18.03.2024

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