U18 – A Self-fulfilling Prophecy

Die U 18 zeigt in Bettlach zwei sehr gute Drittel, bricht aber in den letzten zehn Minuten ein und verliert unglücklich mit 5:6.

Moment, vor dem Spiel gegen Bettlach war doch noch was. Ja, richtig, das Spiel gegen die Oberwil Rebells. Nun, zu diesem Spiel gibt es keinen Bericht. Einen Titel zu finden wäre nicht schwierig gewesen: «A goal, a goal, my kindgdom for a goal!», frei nach Shakespeare. Mit dem Titel wäre auch das ganze Spiel beschrieben gewesen. Es endete mit einer 0:7 Niederlage. Da aber ein blosser Titel doch etwas mager erscheint, wurde der Spielbericht dann nie geschrieben.
 
Kommen wir zum Titel dieses Berichts zum Spiel gegen den SHC Bettlach. Was ist eine «Self-fulfilling Prophecy»? Um es einfach zu sagen: Ein Ereignis, von dem man glaubt, dass es geschehen wird, geschieht. Es geschieht aber nicht, weil es zwingend geschehen muss, sondern weil sich alle Beteiligten, im Glauben es sei unausweichlich, so verhalten, dass es eintritt. Liest sich immer noch kompliziert. Also noch einfacher. Wenn man von Anfang an damit rechnet, dass ein Spiel verloren geht, egal wie gut man in den ersten beiden Dritteln spielt, dann verliert man das Spiel. Die Skorpione haben in der laufenden Saison einige Spiele im Schlussdrittel verloren. Im zweiten Saisonspiel gegen die Rebells stand es bis zur 40. Spielminute 1:2, Schlussresultat 1:5. Im Auswärtsspiel in Bonstetten führten die Skorpione nach zwei Dritteln mit 4:2, Schlussresultat 4:8. Beim Rückspiel gegen Bonstetten in Belp stand es nach zwei Dritteln 4:4, Schlussresultat 6:8. Sicher, diese Niederlagen waren nicht zufällig. Sie sind vielmehr auf das enge Kader der Gürbetaler zurückzuführen. 
Wer nur zwei Linien oder etwas mehr Spieler hat, der braucht eine bessere Ausdauer als der Gegner, um ein Spiel während 60 Minuten aktiv mitgestalten zu können. Diese Ausdauer fehlt den Belpern. Wer abgekämpft ist, kann nicht mehr voll gehen. Wer ausgepumpt ist, trifft zu oft die falschen taktischen Entscheide. Wer konditionell am Limit ist, holt Strafen, weil er zu hart einsteigt oder weil er einen enteilenden Gegner mit dem Stock zu stoppen versucht. Schliesslich neigt ein müder Spieler zu einem «Tunnel-Blick», das heisst, er fokussiert sich zu sehr auf den Ball und zu wenig auf das ganze Spiel. 
Soweit die Fakten. Sie treffen auf die diesjährige Belper-U18-Mannschaft zu. Genau aus diesen Gründen gingen die oben genannten Spiele verloren. In der Folge setzt sich ein Gedanke in den Köpfen der Spieler fest: Wir können in den ersten beiden Dritteln so gut spielen wie wir wollen, am Ende verlieren wir doch. Ist das ein Fakt? Nein, es ist eine Meinung. Stimmt diese? Scheinbar schon, die Resultate belegen es ja. Natürlich stimmt sie nicht! Das Problem ist bekannt, die mangelnde Ausdauer. Es lässt sich so rasch nicht lösen. Aber es ist auch bekannt, wie und in welcher Weise sich die Müdigkeit auf das Spiel auswirkt. Also besteht die Option, die Spielweise an die neuen Gegebenheiten anzupassen und das Spiel so über die Runden zu bringen. Es gibt also Möglichkeiten. Die Niederlage ist keineswegs unausweichlich. Sie wird es nur, wenn eine Mehrheit glaubt, sie sei es. Dann, und nur dann wird sie zur Self-fulfilling Prophecy. 
 
Am vergangenen Sonntagmorgen reisten die Skorpione an den Jurasüdfuss, wo sie auf den SHC Bettlach trafen. Am Ausgang des Gürbetals schien die Sonne und auch im Solothurnischen hatte der berüchtigte Nebel dem Zentralgestirn Platz gemacht. Ideale Voraussetzungen für ein guten Junioren Streethockey Spiel. Und ein solches bekamen die Zuschauer auch zu sehen. Die Belper mussten, aus unterschiedlichen Gründen, gleich auf eine grössere Anzahl von Spielern verzichten: Bänz Zwahlen, Leonardo Fetz, Marlon Steiner und Nico Carfora fehlten ebenso, wie die beiden U15 Spieler Ben Feller und Micha Steck. So konnten die Belper lediglich zwei Linien aufs Feld bringen. Der eine oder andere Spieler äusserte schon bei der Abfahrt aus Belp die Vermutung, dass man die Begegnung wohl im Schlussdrittel verlieren würde.
 
Wie auch immer, die Gürbetaler begannen stark. Bettlach lag vor dem Spiel punktegleich mit den Rebells auf dem dritten Platz, nur drei Punkte hinter Bonstetten, die Belper lediglich auf Rang sechs. Auf dem Spielfeld war indes kein Unterschied zu erkennen. Entgegen der Tabellensituation übernahmen die Gürbetaler das Spieldiktat. Sie zwangen das Spielgeschehen immer wieder in die Zone der Platzherren. Für einmal funktioniert die Kommunikation unter den Spielern gut. Es wurden mehr Pässe gespielt als in der Vergangenheit, auch wenn es hier noch Luft gab. Eine Unachtsamkeit in der Belper Hintermannschaft führte aber dazu, dass Nico Spahni seine Farben entgegen des Spielverlaufs in der 6. Spielminute in Führung bringen konnte. Die Skorpione liessen sich durch diesen Rückschlag nicht aus dem Konzept bringen und spielten weiter ihr Spiel. In der 8. Minute musste Noah Amstutz die Strafbank aufsuchen. Die Gürbetaler agierten erstmals in dieser Partie in Überzahl. War das Powerplay in den letzten beiden Begegnungen im besten Fall harmlos, so war es am letzten Sonntag plötzlich sehr effizient. Nach lediglich 13 Sekunden bezwang Levy Greven auf Zuspiel von Leon Diener Jorin Blaser im Tor der Platzherren zum 1:1. Die Gürbetaler machten weiter Druck. Nur selten tauchten die Solothurner gefährlich von Luca Schmid auf. In der 14. Spielminute musste Lukas Bläsing auf der Strafbank Platz nehmen. Die Belper waren auch im zweiten Überzahlspiel erfolgreich. Thimo Hodel erzielte auf Zuspiel von Diener und Greven die Gürbetaler Führung. Es kam noch besser. In der 15. Spielminute erhöhte Diener auf Zuspiel von Leon Schweingruber auf 3:1. Mit dieser verdienten Zweittoreführung gingen die Gürbetaler in die erste Pause. Es war eines der besten Drittel, das die Belper in der bisherigen Saison gezeigt hatten.
 
Im zweiten Abschnitt ging es dort weiter, wo die ersten 20 Minuten geendet hatten. Die Gürbetaler kontrollierten das Spiel über weite Strecken. Allerdings waren es wieder die Platzherren, die von einer Unachtsamkeit der Belper Hintermannschaft profitieren konnten. Amstutz verkürzte in der 25. Spielminute auf 2:3. Die Gäste hielten sich weiter an ihr Spielkonzept. Die beiden Flügel checkten abwechslungsweise vor, die Verteidiger und der Center machten den Raum zwischen der roten und der blauen Linie eng. Das funktionierte gut, die Solothurner brachten den Ball nur selten gefährlich in die Zone der Berner. In der 28. Spielminute musste Elias Allemann die Strafbank aufsuchen. In der 29. gesellte sich Amstutz dazu. Die Belper konnten in doppelter Überzahl agieren. Der Treffer zum 4:2 durch Schweingruber auf Pass von Tim Kaiser fiel einige wenige Sekunden nach Ablauf der ersten Strafe. Damit war der SHC Bettlach wieder komplett. Kurz darauf musste mit Ruben Rüegsegger der erste Belper die Strafbank aufsuchen. Die Belper Box agierte perfekt. Die Platzherren kamen kaum zu gefährlichen Abschlüssen. Danach überliess Schmid wie üblich seinen Platz im Belper Tor Mathias Hulliger. Weiterhin sorgten die Gürbetaler für die Musik. In der 35. Spielminuten erhöhte Diener auf Zuspiel von Greven auf 5:2. 
In den letzten Spielminuten des Mitteldrittels bemerktem die aufmerksamen Zuschauer erste Müdigkeitserscheinungen in den Reihen der Berner. Erstmals konnte sich der SHC Bettlach länger in der Zone der Gäste festsetzten. Deren Aktionen wurden kompliziert, der einfache, schnörkellose Zug aus der eigenen Spielfeldhälfte hinaus war plötzlich nicht mehr zu sehen. Die Skorpione brachten aber den Vorsprung trotz diesem Nachlassen in die zweite Pause.
 
In der Garderobe sprachen einzelne Spieler ein mögliches Einbrechen im Schlussdrittel an, bei einer Dreitoreführung. Glaubten etwa nicht alle an einen Sieg? Bis hierher hatten die Gürbetaler sehr gut gespielt. Was sprach dagegen, dies auch im Schlussabschnitt zu tun?
Das letzte Drittel sah ab der ersten Minute aktive Bettlacher und etwas zu passive Belper. Die Spritzigkeit der ersten 40 Minuten war weg. Es roch nach dem dritten Treffer für die Platzherren. So ab der 45. Spielminute kamen die Gürbetaler aber wieder etwas besser ins Spiel und konnten sich – trotz anhaltenden Feldvorteilen der Platzherren – die eine oder andere Chance zum sechsten Treffer erarbeiten. Dieser, er hätte wohl die Partie entschieden, fiel jedoch nicht. Die Gäste agierten zudem zu offensiv. Statt sich darauf zu konzentrieren, die Führung zu verwalten und die Zeit verstreichen zu lassen, schienen viele auf das nächste Tor zu spekulieren. In der Situation und mit steigender Ermüdung sollte man immer zwischen dem Gegenspieler und dem eigenen Tor stehen, zumindest so lange die eigene Mannschaft nicht sicher in Ballbesitz ist. Das taten die Belper oft nicht. Es wurde offensiv spekuliert. In der gegnerischen Zone muss der Treffer nicht mehr mit letzter Konsequenz angestrebt werden. Klar, wenn sich eine 100%ige Torchance ergibt, muss diese realisiert werden. Aber sonst… Es ist viel geschickter, den Ball der Bande entlang zu monopolisieren und die Gegner dazu zu bringen, einem anzugreifen. Mit etwas Glück geschieht dies mit zu viel Krafteinsatz und hat eine Strafe zur Folge. Einen Rückpass in den Slot, der immer ein gewisses Risiko darstellt, sollte man in der Situation nicht mehr spielen. Nun, auch wenn die letzte Kleverness fehlte, die Belper führten auch noch beim letzten Seitenwechsel mit 5:2. In der 53. Minute stiegen die Belper einmal mehr in der Verteidigung nicht konsequent ein. Janis Roth konnte auf 3:5 verkürzen. Nun, das war kein Weltuntergang. An der Stelle könnte man, um der Qualität des Textes willen schreiben «und das Schicksal nahm seinen Lauf». Aber das war es eben nicht. Die Skorpione hatten ihr Schicksal in den eigenen Händen und hätten die drei Punkte nach wie vor gewinnen können. Nur wenige Sekunden nach dem Bettlach-Treffer stieg Kaiser unglücklich in einen Zweikampf ein und musste die Strafbank aufsuchen. In der Gürbetaler Box herrschten Abstimmungsschwierigkeiten, die Platzherren profitieren und Tschui konnte in der 54, Spielminute auf 4:5 verkürzen. 
Der eine oder andere der Skorpione begann wohl nun an einem Sieg zu zweifeln. Das Gift der Self-fulfilling Prophecy begann zu wirken. Spieler, die sich auswechseln liessen sagten auf der Bank, sie seien erschöpft, würden nicht mehr fähig sein, ihre Leistung zu bringen. Nun, es mag sein, dass der Eine oder der Andere mit seinen Kräften ziemlich am Ende war. Aber indem man dies sagt, glaubt man auch daran und lässt es auch die Mitspieler glauben, Self-fulfilling Prophecy Nummer 2. In der Situation muss, notfalls leicht nach Luft japsend, die Ansage kommen «los Jungs, dass schaffen wir, beim nächsten Einsatz noch einmal voll gehen». Es wartet noch einiges an Arbeit auf den Coaching Staff. Positives Denken bis zum Schluss, positives Denken trotz widriger Umstände ist der Schlüssel zum Erfolg. In der 56. Spielminute checkte Schweingruber vor und drückte seinen Gegenspieler an die Bande. Aufgrund der Müdigkeit mit etwas zu viel Schwung und etwas zu viel Kraft. Die Schiedsrichter entschieden auf Check von hinten und sprachen zwei plus zehn Strafminuten aus. Die Belper Box stand zu Beginn gut, stemmte sich gegen den Ausgleich. Dieser fiel aber dann in der 57. Spielminute doch noch. Erneut war es Tschui der traf. Die Platzherren waren wieder da und hatten das Momentum auf ihrer Seite. 
Die Gürbetaler, nunmehr nur zu neunt agierend, steckten aber nicht auf. Noch einmal wurden die Platzherren unter Druck gesetzt. Noch einmal erarbeitenden sich die Belper eine ausgezeichnete Chance, wieder in Führung zu gehen. Allein, die orange Kugel strich am Tor vorbei. Dann waren es wieder die Solothurner, die Druck auf das Tor der Berner machten. In der 58. Spielminute traf Tschui erneut. Die Platzherren lagen erstmals seit der 8. Spielminute wieder in Führung. Die Gürbetaler versuchten alles, ersetzen Hulliger durch einen sechsten Feldspieler. Aber der absolut verdiente Ausgleichstreffer wollte nicht mehr fallen. Am Ende erfüllte sich die Prophezeiung und die Spieler des SHC Bettlach konnten über drei hart erkämpfte Punkte jubeln, während die Gürbetaler mit hängenden Köpfen in die Garderobe schlichen. 
 
Es gibt aber keinen Grund, die Köpfe hängen zu lassen. Die Belper haben sehr gut gespielt. Taktisch war es das beste Spiel der Belper in der laufenden Saison. Letzten Endes war es eine Kopffrage, die die Niederlage eingeleitet und besiegelt hat. Der letzte Glaube an den Sieg fehlte bei vielen und das hat den Punkteverlust am Ende zementiert. Die Skorpione wissen jetzt, woran es fehlt und sie wissen auch, was zu tun ist, um eine solche Niederlage in Zukunft zu verhindern. 
Am kommenden Samstag trifft der SHC Belpa 1107 um 10 Uhr in Kernenried auf die Bulldozers. Es ist das letzte Spiel der Qualifikation. Bei einem Sieg winkt noch der fünfte Schlussrang. In der ersten Playoffrunde wartet dann Mitte März Bettlach, Bonstetten oder Oberwil. Diese drei Teams haben im Moment alle 23 Punkte. Der Gegner der Skorpione wird so oder so erst am 9. März feststehen.
Christoph Curchod, 27.02.2024

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