U 18 – Ein intensives Wochenende in Tschechien

Die Skorpione kehrten am späten Sonntagabend müde, abgekämpft und um einige Erfahrungen reicher von einem intensiven Wochenende aus Tschechien zurück. An einem Turnier in Dobřany trafen sie unter anderem auf Spechte, Schnecken und Löwinnen.

Aber beginnen wir von vorne. Am Freitagmorgen, kurz nach vier, bestiegen zwei Torhüter, 15 Feldspieler und drei Trainer vor der Linde in Belp den Reisebus, der sie nach Tschechien bringen sollte. Von den Spielern fehlte einzig der langzeitverletzte Marlon Steiner, der erst in der laufenden Woche das Training wieder aufnahmen. Von der U15 waren Ben Feller, Micha Steck und Ruben Rüegsegger mit dabei. Da sowohl Fabian Bohnenblust wie Jan Schlechten verhindert waren, kamen als Trainer an ihrer Stelle Dennis Nydegger und Philipp Hulliger mit.
 
Dank des für die Jahreszeit eher unüblich warmen Wetters und der Tatsache, dass im Winter nur wenig Strassenbauarbeiten durchgeführt werden, verlief die Reise vergleichsweise schnell und ereignislos. Kurz nach 15 Uhr trafen die Skorpione im doch recht verschlafenen Dobřany ein und bezogen ihre Zimmer im zentral gelegenen Hotel «Blauer Stern». Kurz vor 17 Uhr brachte sie der Bus zur lokalen Streethockey Halle. Streethockey gehört in Tschechien zwar nicht zu den Top-Sportarten, fristet aber auch nicht das Dasein einer Randsportart, wie in der Schweiz. In den letzten Jahren wurden an vielen Orten Hallen gebaut, auch in kleinen wie Dobřany. Nun eigentlich ist es keine richtige Halle, sondern ein grosszügig überdachter Streethockey-Platz, wobei statt fester Seitenwänden dichte Metallgitter und stabile Planen als Windschutz dienen. Aber das änderte nichts an der Tatsache, dass das Spielfeld so vor Wind und Regen geschützt war. Zumindest hatten wir diesen Eindruck.
Wir erhielten eine eigene Garderobe in der benachbarten Turnhalle. Diese war lang und schmal. Zudem verfügte sie über drei Duschen. Die ganzen Räumlichkeiten wirkten auf den einen oder anderen Spieler befremdlich. Schlimmer aber war, aus Sicht der Trainer, dass es auf den beiden Steckdosen zu wenig Spannung hatte, um die mit gebrachte Nespresso-Maschine in Betrieb zu nehmen.
An diesem Freitagabend war lediglich ein Training angesetzt, so dass sich die Spieler an den Belag und die Halle gewöhnen konnte. Die Skorpione wirkten etwas nervös und – wohl aufgrund der langen Busfahrt – auch etwas unkonzentriert. Nach der Übungseinheit ging es zu Fuss zurück ins Hotel. Mit Schnitzel, Pommes und Salat sowie einer Unmenge eines schwarzen amerikanischen Süssgetränks stillten die Gürbetaler ihren Hunger und Durst.
 
Wir waren die einzigen Gäste in diesem stattlichen Landgasthof. Das Frühstücksbuffet war trotzdem reichhaltig. Die Wirtin sorgte für den nötigen Nachschub an Orangensaft, der jeweils ziemlich rasch leergetrunken war. Gestärkt nahmen die Belper den rund einen Kilometer langen Weg zur Streethockey Halle unter die Füsse. Heute war der grosse Tag. Mit der Ausnahme von Leon Diener, der im Sommer 2023 mit der Schweizer U16 Nationalmannschaft an der Weltmeisterschaft in Liberec teilnahm, hatte noch kein Belper je gegen eine ausländische Mannschaft gespielt.
Streethockey ist in Tschechien, wie schon erwähnt, um einiges grösser als in der Schweiz. Es gibt wesentlich mehr Spieler und wesentlich mehr Mannschaften. Auch die Alterskategorien sind etwas anders. Spielen in der Schweiz immer drei Jahrgänge zusammen, so sind es in Tschechien nur deren zwei. So trafen wir denn in Dobřany auch auf drei Mannschaften aus der tschechischen U17 Extraliga. Das machte aber unsere Aufgabe nicht leichter. Einerseits ist das Niveau des tschechischen Jugend-Streethockeys um einiges höher als in der Schweiz und zudem hatten wir lediglich vier Spieler mit dabei, die zu alt für eine U17 Meisterschaft wären. Da wir noch drei U15 Spieler mit dabei hatten, war wohl unser Durchschnittsalter nur unwesentlich höher als das unser Gegner. Ach ja, es nahm noch eine fünfte Mannschaft am Turnier teil, die tschechische Damennationalmannschaft. Diese befindet sich am Ende des Selektionsprozesses für die Weltmeisterschaften vom Juni 2024 in Visp und Raron. 
 
In unserem ersten Spiel trafen wir auf die Blatná Datels. Der Name hat übrigens nicht mit der bekannten subtropischen Palmfrucht zu tun, sondern bedeutet schlicht und einfach Spechte. Nun, eben diese Spechte flatterten den Skorpionen ab der ersten Spielsekunde gehörig um die Ohren. Das Spieltempo war um einiges höher als in der heimischen Liga. Mal gemütlich den Ball annehmen, die Lage checken und dann entscheiden, was mit der Kugel geschehen soll, nun das lag nicht drin. Spätestens während die Lage sondiert wurde, war der tschechische Gegenspieler bei einem und der Ball verloren. In der Verteidigung beim Decken eines Gegners zwischendurch mal schauen, was der ballführende Spieler der Tschechen mit der pinken Knapper-Kugel so alles anstellte, war auch keine gute Idee. Denn ehe man realisierte was geschah, hatte sich der persönliche Gegenspieler bereits gelöst und freigelaufen. Kurzum, die Gürbetaler waren in diesen ersten internationalen Spielminuten so ziemlich überfordert. Nach gut drei Minuten musste Luca Schmid ein erstes Mal hinter sich greifen, nach neun Minuten ein zweites Mal. Auch offensiv blieben die Schweizer blass und hatten gegen die schnell agierenden Spechte meist das Nachsehen. Immerhin, mit der Defensivarbeit klappte es etwas besser. Den Tschechen gelang nur noch ein weiterer Treffer zum absolut verdienten 3:0 Schlussresultat. 
 
In ihrem zweiten Spiel trafen die Berner auf den TJ Snack Dobřany, der gemeinsam mit dem tschechischen Verband dieses Turnier organsiert hatte. Nun, das Team mit der Schnecke auf dem Trikot agierte alles andere als langsam. Die tschechischen Rennschnecken überrannten die Skorpione. Nach knapp sieben Minuten war Matthias Hulliger im Belper Tor bereits dreimal bezwungen. Immerhin, dieses 0:3 brachten die Gürbetaler über die Zeit. Das Schussverhältnis war mit 9:20 auch schon etwas besser als im ersten Spiel (7:24). Trotzdem, ein Treffer war den Bernern bisher nicht gelungen.
 
Im dritten Spiel trafen die Schweizer auf TJ Tatran Třemošná, die schwächste der drei anwesenden tschechischen Extraliga-Mannschaften. Inzwischen hatten sich die Gürbetaler an das höhere Spieltempo gewohnt und konnten mit dem Gegner mithalten. Das Partie war offen. Beide Mannschaften kreierten Torchancen. Schmid war seinen Farben ein ebenso sicherer Rückhalt, wie sein Gegenüber im Tor von Třemošná. Als ein Spieler der Tschechen die Strafbank aufsuchen musste, war es endlich soweit. Micha Steck erzielte in der 21. Spielminute auf Zuspiel von Levy Greven den ersten Treffer für die Skorpione. Gut eine Minute später doppelten die beiden nach. Greven vollstreckte auf Vorarbeit von Steck. Die Gürbetaler wurden nun etwas übermütig und mussten gut eine Minute vor Spielschluss den Anschlusstreffer von Třemošná hinnehmen. Bei diesem 2:1 blieb es und die Gürbetaler hatten ihre drei ersten Punkte auf dem Trockenen. 
 
In ihrem letzten Spiel des Turnieres trafen die Belper auf die tschechische Damennationalmannschaft. Auch die Partie gegen de Löwinnen verlief ausgeglichen. Tore fielen trotz beidseitigen Chancen lange keine. Es roch schon gewaltig nach einem 0:0 als Steck in der letzten Spielminute Diener bediente. Dieser konnte aus seiner Lieblingsdistanz abziehen und die Skorpione in Führung bringen. Die dritte Linie der Schweizer brachte die knappe Führung sicher über die Zeit. Damit wurde der zweite Sieg an diesem Tag Tatsache und ebenso der Shutout von Schlussmann Hulliger. 
Die Skorpione beendeten das Turnier hinter Dobřany und Blatná auf dem dritten Schlussrang. Wichtiger aber ist, dass die Belper die Erfahrung machen konnten, was im Streethockey noch alles möglich ist, an Tempo und an Präzision. Erfreulich ist, dass die Skorpione sich nach einer kurzen Eingewöhnungsphase deutlich steigern und mit den gegnerischen Mannschaften mithalten konnten. 
Nach der Pokalübergabe ging es zurück ins Hotel, wo die Spieler sichtlich erschöpft aber nicht unglücklich das Nachtessen einnahmen. Während sich die meisten Spieler mit gebratener Hühnerbrust oder gebratenem Schweinefielet und grünen Bohnen, beides jeweils mit Pommes, gütlich taten, wagten sich Ben Feller und Ryan Balmer an ein typisch tschechisches Gericht: Schweinebraten mit Sahnesosse und Knödeln. Obschon die Portionen recht ordentlich waren reichten sie nicht aus, um den Hunger aller Skorpione zu stillen. Die Folge war ein abendlicher Spaziergang zur lokalen Kebap-Bude. 
 
Damit war aber das tschechische Abenteuer noch nicht zu Ende. Am späten Sonntagvormittag war ein Testspiel gegen die tschechische Damennationalmannschaft angesetzt. Während sich die Skorpione auf dem Spielfeld für die bevorstehende Partie aufwärmten, geschah etwas Seltsames. Es regnete, nicht draussen, das wäre ja normal, sondern in der Halle. Während einigen wenigen Minuten prasselte ein veritabler Niederschlag auf den Hallenboden. Was war geschehen? Nun, am Vortag hatte sich wohl ziemlich viel Feuchtigkeit unter dem Hallendach angesammelt. Während der kalten Nacht war das Wasser kondensiert und hatte sich in der Form von Eis und Reiff an der Unterseite des Hallendachs abgelagert. Als nun die Sonne an diesem überaus schönen Vormittag auf das Hallendach schien, schmolz das Eis und prasselte als Niederschlag auf den Hallenboden. Dies hatte im Übrigen einen unschönen Nebeneffekt. Da es sich ja mehr um ein Dach mit Seitenschutz handelte denn um eine Halle, war natürlich auch der Boden über Nacht abgekühlt und zwar so sehr, dass sich auf dem Plastikbelag ortsweise Eis bildete. Wir hatten es also quasi in einer Halle mit vereisendem Regen zu tun.
Die Partie gegen die Löwinnen verlief ausgeglichen. Die Führung wechselte ab, keine Mannschaft konnte sich entscheidend absetzen. Schliesslich waren es die Tschechinnen, die das bessere Ende für sich hatten und die Begegnung knapp mit 6:5 für sich entscheiden konnten. Wie es der Zufall so will, werden die Skorpione am 11. Februar um 13:30 in Belp ein Testspiel gegen die Schweizer Damennationalmannschaft bestreiten. Dies wird für beide Seiten sicher eine interessante Erfahrung. Es wird den Schweizer Damen auch ermöglichen einzuschätzen, wo sie im Vergleich zu den Tschechinnen stehen. 
Am frühen Nachmittag verliess der Bus die tschechische Kleinstadt mit Kurs auf die Schweiz. Die Spieler hatten für reichliche Reiseproviant gesorgt, zumindest wenn man gerne Berliner (30 Stück) und Donuts (gut 20 Stück) isst. Dies hinderte die Skorpione indes nicht daran bei jedem Zwischenstopp weiteren weitere Verpflegung zu kaufen und zu verspeisen. Kurz vor Mitternacht waren die Skorpione wieder zuhause. 
Die Reise nach Tschechien hat sich gelohnt. Die Skorpione haben viel gelernt, über die Möglichkeiten, die das Spiel bietet und über sich selbst. Zudem ist das Team noch enger zusammengewachsen als davor. Jetzt gilt es, den gewonnenen Schwung in die Meisterschaft mitzunehmen. Bereits am 4. Februar treffen die Skorpione in der Meisterschaft um 10:00 Uhr in Grenchen auf die Walfische. 
Christoph Curchod, 04.02.2024

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