Meisterschaft Nationalliga A – Wieder keine Punkte

71 katastrophale Sekunden zu Beginn des Schlussabschnitts kosten den Skorpionen gegen die Wale drei mögliche Punkte.

Der Autor bittet den relativ spät erscheinenden Spielbericht zu entschuldigen. Er reiste gleich nach dem Spiel für ein paar Tage nach Venedig. Nun, dies wäre eigentlich keine Erwähnung wert, wenn es da nicht gewisse Parallelen gäbe. Die Republik Venedig war einst der mächtigste Stadtstaat im Mittelmeer. Ausser Byzanz und später dem Osmanischen Reich konnte niemand den Venezianern auch nur das Wasser reichen. Doch mit dem Glanz war es vor gut 200 Jahren jäh vorbei. Seither ist die Lagunenstadt bloss noch ein Touristenmagnet. Ja, auch die Grübetaler sahen bessere Zeiten. Einst waren sie der stärkste Streethockeyverein in der Schweiz. Ausser den Oberwil Rebells, konnte ihnen niemand auch nur das Wasser reichen. Doch diese Glanzzeiten sind vorbei. Viele Spieler haben den Gürbetalern den Rücken gekehrt. Der Verein dümpelt vor sich hin. Die Nationalliga A kommt nicht auf Touren. Ist Belp also das Venedig des Schweizer Streethockey, das von unwiederbringlichen besseren Zeiten träumt? Vielleicht, aber eines muss man wissen. Die Republik Venedig existiert über ein Jahrtausend, erlitt Niederlagen und kämpfte sich zurück, manchmal schneller, manchmal etwas weniger schnell aber immer wieder. Und so muss es auch in Belp laufen. Die Situation ist herausfordernd und alles andere als einfach. Doch eigentlich ist alles da: Eine gute Infrastruktur, ein grosses Einzugsgebiet um neue Spieler zu rekrutieren und auch die Finanzen stimmen. Bloss die NLA ist wie die Junioren im Moment in einer längeren Durststrecke, in der es heisst, die Zähne zusammen zu beissen, Niederlagen und Rückschläge wegzustecken und gemeinsam an einer strahlenden Zukunft zu arbeiten. 
 
So genug der Vorworte, kommen wir zum Spiel gegen den SHC Grenchen. Die Ausgangslage war zu Beginn der Woche vielversprechend. Grégory Steiner würde das Tor der Belper verteidigen, wie er es schon einmal getan hatte, im letzten Spiel der abgebrochenen Saison 2020/21 in Zug gegen die Oberwil Rebells. Zudem rechnete Coach Curchod mit beinahe drei kompletten Linien. Doch dann reihte sich Hiobs-Botschaft an Hiobs-Botschaft. Nils Will, Andduktorenzerrung, fällt aus. Jona Wegmüller, starke Schmerzen im Fussgelenk, fällt aus. Simon Meir, Erkältung, fällt aus. Dennis Nydegger, stark angeschlagen, spielt. Fabian Bohnenblust, nach der zweiten Impfdosis starke Schmerzen im Oberarm, spielt. Kurzum, am Freitagabend liefen elf Feldspieler für die Gürbetaler auf und einige davon waren nicht wirklich fit. Doch trotzdem war die Ausgangslage nicht zu schlecht, denn auch die Solothurner sind im Umbruch. Zwar verfügen sie über das breitere Kader als die Berner, aber auch sie sind zur Zeit nur noch ein Schatten einstiger Grösse.
 
Die Gäste erwischten den besseren Start. Ihr Ziel war es, die Gürbetaler in deren Zone einzuschnüren und rasch mit einigen Treffern in Führung zu gehen. Der erste Teil des Plans der Wale ging ziemlich gut auf. Sie trugen das Spiel immer wieder in die Zone der Platzherren. Diese konnten sich oft nur mit Mühe aus der Umklammerung der Grenchner lösen. Hingegen ging klappte es mit der Umsetzung des zweiten Teils des Plans nicht wirklich. Tore fielen lange keine. Dies hatten die Belper insbesondere ihrem Schlussmann Grégory Steiner zu verdanken, der seinen Kasten mit einigen hervorragenden Paraden erfolgreich verteidigt. Auch die Verteidigung der Gürbetaler trug das ihre dazu bei, dass es lange 0:0 auf dem Scoreboard stand. Zwar hatten die Gäste mehr Torchancen als die Belper, aber auch die Platzherren hatten die eine oder andere Gelegenheit, in Führung zu gehen. Schliesslich waren es aber doch die Solothurner, die als erste jubeln konnten. In der 18. Spielminute traf Thomas Huber zur 1:0 Führung für die Wale. Die Belper stiegen zuweilen etwas zu verhalten in die Zweikämpfe ein und verloren so zu viele Bälle. 
 
Im Mittelabschnitt fanden die Platzherren etwas besser in Spiel. Ein schneller Konterangriff führte in der 23. Spielminute zum Ausgleich. Mike Tanner konnte den Querpass von Alessio Faina nur noch ins leere Tor einschieben. Das Spiel wogte nun hin und her. Beide Teams hatten die Gelegenheit, in Führung zu gehen. Die Gäste hatten weiterhin etwas mehr Spielanteil aber lange nicht mehr so ausgeprägt wie in den ersten 20 Minuten. In der 34. Spielminute waren es erneut die Solothuner, die jubeln konnten. Jaroslav Pauer durfte sich als Torschütze feiern lassen. Die Skorpione liessen jedoch die Köpfe nicht hängen und reagierten rasch. Nur 30 Sekunden nach dem Rückstand war der erneute Ausgleich Tatsache. Mike Tanner erzielte seinen zweiten Treffer, dieses Mal auf Zuspiel von Fabian Bohnenblust. Es fiel noch ein weiterer Treffer im Mitteldrittel. Martin Kunzmann brachte seine Farben zum dritten Mal an diesem Abend in Führung. 
 
2:3 nach 40 Minuten, da lag doch noch etwas drin. Die Gürbetaler nahmen sich viel vor in der Pause, möglicherweise etwas zu viel. Wie auch immer, in den Startminuten des Schlussdrittels wirkten die Berner irgendwie wie gelähmt und kamen nicht auf Touren. Ganz anderes die Gäste aus dem Limpachtal. Marc Aegerter traf in der 42. Spielminute zum 2:4. Nur 16 Sekunden später erhöhte Martin Kunzmann auf 2:5. Die Berner waren nun völlig aus dem Tritt geworfen. Auch das Timeout, das nun folgte, konnte das Spiel aus Sicht der Belper nicht wieder beruhigen. Gut 50 Sekunden nach dem 2:5 fühlte sich keiner der Gürbetaler für Mike Schläppi zuständig. Dieser spazierte ungehindert durch die Abwehr, konnte sich die Ecke aussuchen und traf zum 2:6. Damit war das Spiel entschieden. Oder doch nicht? Denn wenn die Skorpione diese Saison eines auszeichnet, dann die Tatsache, dass sie nicht so schnell aufgeben. Eine Strafe gegen Dominik Aebi unterbrach den Spielfluss der Gäste. Zwar gelang den Belpern in der Überzahl kein Treffer, doch der Charakter der Begegnung änderte sich völlig. Plötzlich hatten die Platzherren mehr vom Spiel. Die erste Linie der Gürbetaler sorgte nun für die Musik. In der 48. Spielminute traf Faina zum 3:6. Gut zwei Minuten später, Stefan Rindlisbacher sass für die Gäste auf der Strafbank, schoss Faina zum 4:6 ein. 
Mit diesem Treffer war die Partie neu lanciert. Die Gastgeber glaubten an ihre Chancen, in den Reihen der Gäste machten sich erste Anzeichen von Unsicherheit bemerkbar. Diese verstärkte sich, als Mike Tanner nach 53:53 den Anschlusstreffer erzielen konnte. Nun schien der Ausgleich nur noch eine Frage der Zeit. Doch erneut nahm die Partie eine unerwartete Wende. Kevin Kiener hatte nach einer schönen Einzelaktion den Ball verloren und rannte diesem und seinem Gegenspieler nun nach. Dabei berührte der Stock die Beine des Gegners. Dieser eilte weiter. Die Schiedsrichter sprachen eine Strafe aus. Nun, die Strafe gegen Kiener war sicher hart, aber man kann sie geben. Wie auch immer, die Aufholjagd der Gürbetaler war fürs erste gestoppt. Die Strafe verstrich, ohne dass ein Treffer gefallen wäre. Als sie wieder komplett waren, hatten die Belper Abstimmungsschwierigkeiten. Die Zuteilung stimmte nicht, die Platzherren konnten sich nicht aus ihrer Zone lösen. Die nutzen die Gäste für den siebten Treffer. Kris Röthlisberger erhöhte auf 5:7. Nun war das Adrenalin weg, die Belper Spieler spürten ihre Beine und mussten dem hohen Tempo der vergangenen 58 Minuten Tribut zollen. Es gelang ihnen nicht mehr, sich in der Zone der Solothurner festzusetzen, um dann ihren Torhüter durch einen sechsten Feldspieler zu ersetzen. 
Am Ende blieb es beim durchaus verdienten 5:7 Sieg für die Gäste aus dem Limpachtal. Die Gürbetaler waren sich erneut selbst im Weg gestanden. Dieses Mal war es die Unkonzentriertheit zu Beginn des Schlussabschnitts, die zwischen den Bernern und dem ersten Punktegewinn standen.

 
 
Christoph Curchod, 25.10.2021

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