Junioren A: Menetekel

Die Junioren A gehen nach einer Nicht-Leistung in Sierre sang und klanglos mit 0:13 unter.

Normalerweise beginnt ein Spielbericht mit einer einem Satz über das Wetter. Ein Satz der idealerweise das Spiel schon etwas vorwegnimmt. So gibt es nichts Schöneres als bei strahlendem Sonnenschein und stahlblauem Himmel über einen souveränen Sieg zu schreiben. Nur, das wird beim Spiel vom letzten Samstag schwierig, denn eine Wetterlage, die dem Gezeigten nur annähernd gerecht würde gibt es in der Schweiz nicht. Eine solche findet sich regelmässig in den Gewässern südlich von Kap Hoorn, am Rande des Auges eines Hurrikane der Stärke V oder in mitten eines heftigen Blizzards in Alaska.

Viel zu schreiben über dieses Spiel, in dem die beiden Torhüter Jonas Müller und Nick Leuenberger die mit Abstand besten Spieler waren, gibt es eigentlich nicht. Der Verfasser war versucht, einfach ein DAMNATIO MEMORIAE darüber zu verhängen. Dies ist eine gute alte unter anderem im Römischen Imperium praktizierte Sitte, eine – meist führende – Person, die ein schweres Verbreche begangen hatte oder (öfter) einfach nicht ins Konzept des aktuell Herrschenden passte, postmortem aus dem kollektiven Gedächtnis zu streichen. Konkret sah das so aus, dass es bei Strafe verboten war, die Person auch nur zu erwähnen. Zudem wurden alle Erinnerungen an diese Person gelöscht, Statuen wurden zerstört, Inschriften weggemeisselt. Eine auf den ersten Blick ideale Lösung für das Spiel im Wallis: Einfach so tun als hätte es diesen peinlichen Auftritt gar nie gegeben. Nun schon in der Antike war es nicht wirklich einfach eine solche DAMNATIO MEMORIAE zu realisieren. Die Namen sehr vieler Personen, die nach ihrem Tod aus dem kollektiven Gedächtnis getilgt werden sollten, sind bekannt. Nie wurden alle Inschriften gelöscht, nie alle Pergamente und Papyri zerstört. In unserer heutigen Zeit ist es noch viel schwieriger, die Erinnerungen an ein negatives Ereignis flächendeckend zu löschen, insbesondere dann, wenn sie im Internet stehen. Man kann sie nicht einfach vom Bildschirm meisseln, wie einen Namen aus einem Marmorblock. Von einer solchen Aktion würde einzig die bildschirmproduzierende Industrie profitieren. Zudem, sollte ein solcher Auftritt einfach unter den Teppich gewischt werden? Müsste nicht vielmehr analysiert werden, die Lehren daraus gezogen werden. Kurzum, das Konzept der DAMNATIO MEMORIAE lässt sich nicht auf dieses Spiel anwenden.

Bleiben wir in der Antike, und gehen einige Jahrhunderte zurück. Die Quelle für das im Folgenden geschilderte Ereignis ist nicht unumstritten, es dürfte sich um einen Mythos handeln, auch wenn die historischen Entwicklungen die im Zusammenhang damit stehen durchaus real sind.

"Wir schreiben das Jahr 545 vor unserer Zeit, im babylonischen Reich vertritt der Kornprinz Belsazar seinen Vater, der während längerer Zeit landesabwesend ist. Da erscheint eines Tages und unsichtbarer Hand geschrieben auf den Wänden des königlichen Palasts ein Graffiti folgenden Inhalts: 'mene mene tekel u-parsin'. Niemand versteht die Bedeutung der Geschriebenen. Schliesslich kann ein weiser Mann die Inschrift deuten. Belsazar und mit ihm das babylonische Reich wurden auf die Schicksalswaage gelegt, ihr Tun wurde gewogen und für zu leicht befunden. Ihr Reich wird zerfallen und an die Perserübergehen. Was ein paar Jahre später dann auch geschah."

Nun in der Quelle, der Bibel, wird der Untergang aus unausweichliche Konsequenz des Handelns Beslazars dargestellt. Im übertragenen Sinn bedeutet ein 'Menetekel' nicht den unausweichlichen Untergang sondern wird als eine klare, eindeutige und nicht zu ignorierende Wahrung verstanden, dass sich etwas grundsätzlich ändern muss, da sonst der Untergang unausweichlich ist.

Das Spiel in Sierre war ein solches Menetekel. In dieser Partie wurde den Gürbetalern schonungslos aufgezeigt, was geschieht, wenn die richtige Einstellung zu einem Spiel fehlt. Wenn die Konzentration faktisch inexistent ist, da nutzen weder Talent noch theoretisches Leistungsvermögen etwas, die Niederlage ist unausweichlich.

Die Schrift an der Wand ist überdeutlich und in grossen rotflammenden Lettern. Haben die Skorpione sie gelesen, haben sie sie verstanden, werden sie das nötige unternehmen, um den Eindruck, den sie im Wallis hinterlassen haben, gerade zu rücken?

Ich denke, alle drei Fragen können mit "Ja" beantwortet werden. Ob dem auch wirklich so ist, wird sich im Spiel vom kommenden Sonntag gegen den SHC Berner Oberland weisen. Der Autor hofft, sich nicht zu täuschen, denn eigentlich möchte er wieder einmal einen normalen Spielbericht schreiben. Nicht einen über ein Spiel, das mangels Gegner nicht stattfand, oder ein Spiel, bei dem Belp zwar auf dem Spielfeld stand, aber das faktisch auch nicht stattfand, weil die Gürbetaler nicht bereit waren, das Spiel der Gegner anzunehmen.

Christoph Curchod, 12.12.2014

© 2020 SHC Belpa 1107